Von starken Chamer Frauen bis zur „Unaussprechlichen“ - Frauengeschichte in Cham am Internationalen Frauentag

11. März 2024: Zahlreiche starke Frauen haben die Geschichte der Stadt Cham maßgeblich beeinflusst.
„Stadtführung mit Herrn Bullemer“: Stadtarchivar Timo Bullemer informierte an Beispielen starker Frauen über Frauengeschichte in Cham

Ein Grund für die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Cham, Tanja Schmidbauer, gemeinsam mit Annemarie Mühlbauer, Frauenvertreterin im VDK Kreisverband Cham, zu einer exklusiven Stadtführung „Frauengeschichte in Cham“ einzuladen. Passend zum Internationalen Weltfrauentag informierte Stadtarchivar Timo Bullemer am 8. März die ersten Teilnehmenden über die Geschichte ausgewählter Chamer Frauen. Die Seitenmusikgruppe Willmering unterstützte dies durch passende Musik von Frauen und Gudrun Linn vom Museum „FRAUEN-FLEISS“ zeigte anschließend in einem Vortrag ein ganz besonderes Emanzipationsbarometer: „Damenunterwäsche im Wandel der Zeit“. Über 100 Personen wollten sich bei der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises für einen der 30 Plätze dieser besonderen Aktion anmelden. „Wir haben daher eine zusätzliche Veranstaltung für diesen Freitag, den 15. März, geplant“, freut sich Schmidbauer über das Interesse. Aber auch dieser Termin sei schon wieder ausgebucht.

 

Starke Frauen voller Energie

Als Stadtführer führte Bullemer die 30 Interessierten durch die Chamer Frauengeschichte. Er hat diese exklusive Stadtführung auch konzipiert. Neben dem in Cham bekannten Chamer Original Maria Reithmeier, auch bekannt als „Sternannamirl“, einer armen Dienstbotin, die das Leben der armen Menschen in Cham wiederspiegelt, oder der „Bortenmacher Anna“, die als junge Unternehmerin das Geschäft ihres Vaters übernahm, Seidenraupen züchtete und regionale Seidenprodukte in Cham verkaufte, wurde auch die im letzten Jahr verstorbene Ingeborg Jentsch eine „der Chamer Frauen“ der Stadtführung. Lebendig wurde die Geschichte unter anderem durch Birgit Strasser Jentsch, die Tochter von Ingeborg Jentsch. Sie gab einen sehr persönlichen Einblick in das Leben ihrer Mutter. Einer starken Frau, die sich voller Energie und Einsatz für die Belange von Frauen und Familien einsetzte. Als Ehefrau, Mutter, selbstständige Unternehmerin, Strickwarenfabrikantin und Politikerin brachte sie nicht nur die erste kommunale Beratungsstelle für Frauen im Landkreis Cham auf den Weg, sondern auch den seit 31 Jahren bestehenden Frauennotruf. Darüber hinaus engagierte sie sich bei der Gründung der Schwangerenberatungsstelle Donum vitae im Landkreis Cham. Eine weitere beeindruckende Persönlichkeit war Magdalena Heymer, die 1565 zur ersten Schulmeisterin in Cham ernannt wurde. Sie lehrte als verheiratete Frau den ersten Knaben in Cham Grundkenntnisse der Sprache und Mathematik und war zudem Buchautorin und Dichterin. Welchen Einfluss Frauen auch auf die Kunst hatten zeigte das musikalische Highlight der Stadtführung. Die Saitenmusikgruppe Willmering präsentierte den Teilnehmenden in der Kirche St. Jakob eine Auswahl von Liedern, unter anderem Stücke von Frauen, wie das Menuett von Berta Reißner oder „Musik zur Freude“ von Kathi Stimmer.

 

Unaussprechliche und Stehbieslerhose

Nach der Stadtführung gab es Kaffee und Kuchen im Restaurant Frey. Hier kamen die Teilnehmenden in den Genuss eines Vortrags von Gudrun Linn und einer Teilausstellung aus ihrem Museum „FRAUEN-FLEISS“ zur „Damenunterwäsche im Wandel der Zeit – ein Emanzipationsbarometer“. Linn stellte die Veränderung der Unterwäsche der Bürgerfrauen von ca. 1900 bis ca. 1950 vor. Die Unterhöschen, auch „Unaussprechliche“ genannt, unterschieden sich zu der Unterwäsche, die wir heute kennen deutlich - seien es Hemdhöschen mit Klappen oder beinlange Pluderhosen mit offenem Schritt. Diese sogenannte „Stehbieslerhose“ ermöglichte es den Frauen sich unter ihren langen und wuchtigen Röcken im Stehen entledigen zu können. Das Thema der Unterhosen war zur damaligen Zeit unziemlich, unzüchtig und anstößig auszusprechen. Von Beinkleidern über Unterröcke, Mieder bis zum BH stelle Linn einige Raritäten aus ihrer privaten Sammlung vor.

 

Weltfrauentag

Die beiden Organisatorinnen Schmidbauer und Mühlbauer freut es, dass das Programm zum Internationalen Weltfrauentag sehr gut bei den Teilnehmenden ankam und dass sie nun gut gestimmt am kommenden Freitag den zweiten Durchlauf angehen können. Jedes Jahr wird am 8. März der Internationale Frauentag, auch Weltfrauentag genannt, gefeiert. Dieses Jahr nach mehreren Jahren Pause auch wieder im Landkreis Cham. Der Weltfrauentag entstand in einer Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, um das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation.

 

Stehbieslerhose: Beinlange Pluderhose mit offenem Schritt
„Stehbieslerhose“: Beinlange Pluderhosen mit offenem Schritt, die sogenannte „Stehbieslerhose“, trugen Frauen unter ihren langen und wuchtigen Röcken, um sich im Stehen entledigen zu können.
Frau Gudrun Linn im Museum Frauen Fleiss
„Frau Gudrun Linn – Museum Frauen Fleiss“: Gudrun Linn vom Museum „FRAUEN-FLEISS“ zeigte ein besonderes Emanzipationsbarometer: „Damenunterwäsche im Wandel der Zeit“